FEBRUAR

6. Februar 2007, 20 Uhr
Polittbüro, Steindamm 45, Hamburg St. Georg
Neckermann statt Robespierre
Ein Streifzug durch Hubert Fichtes Tourismusroman "Die Geschichte der Empfindlichkeit"
Mit Jan-Frederik Bandel, Mario Fuhse, Nina Petri und der Percussion-Fraktion von Tuten und Blasen

"Neckermann statt Robespierre" - das war Hubert Fichtes literarischer Gegenentwurf zur Gewaltdebatte der zerfallenden Revolte von "1968". In einer mehrstimmigen Collage aus Texten Fichtes wollen wir - gerade angesichts der zur Zeit laufenden RAF-Debatte -
an Fichtes ästhetisches Gegenprogramm erinnern, das in seiner monumentalen "Geschichte der Empfindlichkeit" gipfelte. Begleitet wird das Programm von den
Percussionisten der Hamburger Combo Tuten & Blasen.

Vor gut 20 Jahren verlieh die Stadt Hamburg Hubert Fichte posthum den Alexander-Zinn-Preis für sein unvollendet gebliebenes Werk "Die Geschichte der
Empfindlichkeit". Im vergangenen Jahr konnte mit dem Erscheinen des letzten Bandes diese auf 19 Bände veranschlagte Geschichte abgeschlossen werden. Dies ist auch ein Anlass, auf ein in der deutschen Literaturgeschichte einzigartiges Projekt zu blicken. Fichtes "Geschichte der Empfindlichkeit" ist eine umfangreiche Reflexion über die durch den Tourismus sich wandelnde Welt. Als Autor beschäftigte er sich, lange bevor es Mode wurde, mit der afro-amerikanischen Kultur, den synkretistischen Religionen, Voodoo etc. Er reiste nach Afrika, Südamerika und in die Karibik um seine Studien voranzutreiben. Immer wieder interessierten Fichte dabei vor allem Rituale und die
Abgründe menschlichen Seins. Wann wird ein Mensch zum Folterer? Wie werden Minderheiten in den unterschiedlichen Kulturen behandelt? Letztlich sind es Sprachempfindlichkeiten, denen Fichte stets mit seinem Schreiben nachspürte, und durch seine Sprachempfindlichkeit entstand ein facettenreiches Werk, das formal wie inhaltlich bis heute konkurrenzlos dasteht und immer mehr Beachtung findet.

- Glaubst du nicht, daß eine milde und nicht mehr rückgängig zu machende Zersetzung des Unbewußten eine tiefere Veränderung hervorruft? Ich kann mir die Freiheit, wenn ich ehrlich bin, nur als eine gigantische weltweite Verschwulung vorstellen, sagt Jäcki.
- Dazu haben wir keine Zeit.
- Oder Neckermann statt Robespierre. Der Tourismus als eine universelle Wandzeitung?
- Tourismus! Wenn du nicht bereit bist, Mittel zu benützen, die nicht im System liegen, wirst du das System nicht verändern.
- Sagst du, vom System geprägt, das du verändern willst.

(Hubert Fichte: Detlevs Imitationen 'Grünspan')

Zu den Sprechern:

Jan-Frederik Bandel, geboren 1977, Literaturwissenschaftler und Publizist, Autor mehrerer Bücher über Hubert Fichte.


Mario Fuhse, geboren 1967, Studienrat, Maler und Autor, langjähriger Kenner des Werks von Hubert Fichte.

Nina Petri, geboren 1963, Schauspielerin, Sprecherin und Leiterin der Theaterfabrik Hamburg.

Zur Band:

In den Anfängen war es das Raue, Laute, Schräge und Unverhoffte, das die Musik von Tuten & Blasen auszeichnete. Ganz abgelegt hat die Gruppe diese Kennzeichen noch immer nicht, aber reduziert und verfeinert. Heute ist ihre Musik eine ganz eigene Mischung aus Jazz-, Afro- und Latin-Elementen. Volle, warme Bläsersätze von David Byrne, polyrhythmische "Funeral Music" der Ewe aus Ghana, perkussive Samba- und
Afoxéklänge aus Brasilien und die afrikanisch inspirierten Kompositionen von Hans Schneidermann bestimmen das Programm der Band. Tuten & Blasen spielt auf Straßen und Plätzen, in Zelten und Konzertsälen - und seit über 10 Jahren auch im Kino: Filmkonzerte zu Stummfilmen aus den 20er Jahren.


JULI

11., 15. und 21. Juli 2006
Kultur & Gespenster
In Berlin und Hamburg

Am 3. Juli erscheint die erste Ausgabe von
Kultur & Gespenster, einem neuen Magazin für Literatur, Kultur, Theorie und Politik. Das Magazin ist dicker als die italienische Vogue, schwarz-weiß, Furcht einflößend intelligent und wichtigtuerisch. Es erscheint ab Juli 2006 vierteljährlich im Textem-Verlag. Mit Dossiers werden Schwerpunkte gesetzt, getrost auch solche, die als abwegig, sperrig, unvermittelbar gelten. Neben den Schwerpunktthemen finden sich in allen Ausgaben Essays, Interviews, Gespräche zu Literatur, Kunst, Comics, Theorie, je eine Bildgeschichte, eine Kunststrecke, Rezensionen, Marginalien, Reiseberichte usw.
Der Themenschwerpunkt der ersten Ausgabe ist dem Schriftsteller Hubert Fichte gewidmet. Anlässlich des 20. Todestags des "großen Außenseiters der deutschen Nachkriegsliteratur" (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) widmen sich AutorInnen, Künstler und Wissenschaftler Fichtes Leben und Werk und seinem Einfluss auf die Gegenwartsliteratur und Kunst. Bspw. entwickelt die Schriftstellerin Kathrin Röggla einen Anmaßungskatalog für Herrn Fichte. Der britische Germanist Robert Gillett rekapituliert polemisch die Debatte um Luftkrieg und Literatur und konturiert Fichtes politisch-ästhetische Position, während die Kulturwissenschaftlerin Anna Echterhölter die Beschreibungen Venezuelas bei Alexander von Humboldt, Hubert Fichte und Daniel Kehlmann vergleicht. Bebildert wird das Dossier mit bisher unbekannten Privatpolaroids, mit Bildern der Theaterfotografin Rosemarie Clausen, des Berliner Künstlers
Christoph Keller und der Gruppe these.null, die das imaginäre Skulpturwerk des Autors dokumentiert. Daneben enthält die erste Nummer unter anderem einen Aufsatz zu Josephine Baker, Interviews mit dem Soziologen Dirk Baecker und dem Schriftsteller Alexander Kluge, einen Comic von Sascha Hommer, eine Kunststrecke von Claus Becker und einen Reisebericht von Dirk Meinzer.
Gefeiert wird die erste Ausgabe in Berlin und Hamburg mit gleich drei Releasepartys. Passend zum Fichte Schwerpunkt gestalten jeweils Fichte-affine Künstler das Programm:  

11. Juli 2006, 20.30 Uhr
Festsaal Kreuzberg, Skalitzerstraße 130, Berlin
Kultur & Gespenster (Gespensterversammlung)
Mit Bernd Cailloux und Kathrin Röggla

Am 11. Juli 2006 lesen ab 20.30 Uhr bei der Verbrecherversammlung im Berliner Festsaal Kreuzberg (Skalitzerstraße 130) Kathrin Röggla und Bernd Cailloux von und zu Fichte.

15. Juli 2006, 20 Uhr
Dreiundsiebzig, Schulterblatt 73, Hamburg
Kultur & Gespenster
Mit Kathrin Röggla, Klaus Sander, Plokk

Am 15. Juli 2006 findet im Hamburger Kulturhaus 73 (Schulterblatt 73) um 20.00 Uhr die offizielle Kultur & Gespenster Release-Party mit Musik, Lesung und einer Ausstellung statt. Kathrin Röggla liest, Klaus Sander stellt ein live Hörstück über Fichte vor. Gezeigt werden die im Magazin abgedruckten Bilder. Musizieren wird die Gruppe Plokk.

21. Juli 2006, 20 Uhr
NBI, Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36, Berlin
Kultur & Gespenster
Mit Jan Jelinek und Thomas Meinecke

Am 21. Juli 2006 wird im Berliner NBI (Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36) ab 20:00 Uhr der Fichte-Fan Thomas Meinecke aus einem neuen Werk lesen und im Anschluss Platten auflegen. Auftreten wird außerdem der Musiker Jan Jelinek (aka Farben).



JUNI

27. Juni 2006, 19.30 Uhr
Galerie Morgenland/Geschichtswerkstatt Eimsbüttel, Sillemstraße 79, 20257 Hamburg
Diesseits der Grenzen das Nichts. Hubert Fichtes literarische Figuren auf der rastlosen “recherche du temps perdu”
Vortrag von Nikolaus Tiling

Vor 20 Jahren starb Hubert Fichte. In diesem Jahr erscheint der letzte Band aus seinem unvollendeten Romanzyklus “Die Geschichte der Empfindlichkeit”. Seit 1993 bereits liegt jener Band dieses “roman fleuve” vor, an dem Fichte bis zu seinem Tod gearbeitet hat: “Explosion. Roman der Ethnologie”. Eine Reflexion über drei große Reisen nach Brasilien, zu den Riten des Voodoo, den Synkretismen afro-amerikanischer Kultur.
Bis an den Rand der Bewusstlosigkeit treibt Fichte seine literarischen Hauptfiguren, über alle Grenzen hinweg, durch die Kontinente. Von Hamburg nach Skandinavien, über Frankreich, Portugal, nach Marokko. Quer durch Afrika, schließlich nach Tahiti, Trinidad, Brasilien. Die dabei entstandene Ethnopoesie findet ihren konzentrischen Ausgangspunkt in den realen Explosionen jener Operation Gomorrha, in der Hamburg 1943 verwüstet wurde. Mitten drin der achtjährige Detlev, um den herum sich sämtliche Strukturen auf einen Schlag auflösen. Auf über 10000 Seiten versucht Fichte Formen wieder zu finden, Konturen zu identifizieren, Schönheit zu beschwören, um von jenseits der Grenzen den horror vacui des Explosionszentrums zu bannen.
Dr. Nikolaus Tiling, Literaturwissenschaftler, war wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsstelle Hubert Fichte am Literaturwissenschaftlichen Seminar der Universität Hamburg. Seine Doktorarbeit “Hauchbilder der Erinnerung. Biographische Spuren und die Entwicklung literarischer Motive im Werk Hubert Fichtes” erschien 1996 im Rosa Winkel Verlag, Berlin.



6. Juni 2006, 20 Uhr
Buchladen Männerschwarm, Lange Reihe 102, 20099 Hamburg
Die zweite Schuld
Gespräch, Lesung, Präsentation zum Abschluss der "Geschichte der Empfindlichkeit"
Mit Jan-Frederik Bandel, Mario Fuhse und Roland Spahr


Mit der Veröffentlichung des Romans "Die zweite Schuld" ist - nach knapp 19 Jahren - die Edition von Hubert Fichtes monumentalem Nachlassprojekt "Die Geschichte der Empfindlichkeit" endlich abgeschlossen. Aus diesem Anlass stellen die beiden Fichte-Kenner Jan-Frederik Bandel und Mario Fuhse und der Fischer-Lektor Roland Spahr den neuen Band vor und verorten ihn im Ensemble der "Geschichte der
Empfindlichkeit". In Lesung und Gespräch werden die Anlage und Herausgabe des Großwerks rekapituliert, die Ästhetik des Bandes diskutiert und seine Erzählung
über den Literaturbetrieb in der kulturellen Frontstadt Berlin Anfang der sechziger Jahre im historischen Kontext präsentiert.



MAI

18. bis 21. Mai  2006
Düsseldorf
Einst nämlich war ich Knabe, Mädchen, Busch, Vogel und aus dem Meer emportauchender stummer Fisch
Veranstaltungsreihe über den Schriftsteller Hubert Fichte (1935-1986)

Hubert Fichte ist ein antreibender Autor: Seine Literatur fordert den Wahrnehmungsapparat der Leser und regt zum Forschen an. Man kann sich an seiner Arbeit reiben, seine Poetologie in Frage stellen oder seine rege Reisetätigkeit diskutieren. Sein Schreiben ist vielgestaltig und lässt sich nicht mit einem Etikett versehen. Daher sollten - wenn man ihn und sein Werk umfassend vorstellen möchte - diverse Stimmen zu Wort kommen.


(1)

Donnerstag, 18. Mai, 20 Uhr

Heinrich-Heine-Institut, Bilker Str. 12, Düsseldorf
Jan-Frederik Bandel: Ein Leben Jäckis

In dem Text "Ein Leben Jäckis" von Hubert Fichte, der einen Übergang in seinem frühen Werk markiert, erfährt man etwas über Fichtes Lebensentwurf (Bisexualität), die Entwicklung seines poetischen Programms (Intertextualität), über St. Pauli und die Entdeckung des Tourismus. Der Literaturwissenschaftler Jan-F. Bandel macht durch einen faszinationsanalytischen Beitrag und die Lesung von "Ein Leben Jäckis" mit Hubert Fichte bekannt. Er führt ein in Fichtes Welt der Verwandlungen, Transgressionen und Zwischenbereiche. Stimmlich begleitet wird er von Anne Schülke und O-Tönen des Autors.

(2)

Freitag, 19. Mai, 20 Uhr
Souterrain, Dominikanerstr. 4, Düsseldorf
Alberto Venzago: Voodoo - Mounted by the Gods

Hubert Fichte war ein Forscher, sein großes Vorbild - neben Herodot - der Anthropologe und Fotograf Pierre Verger. Fichte und Verger waren fasziniert von den afroamerikanischen Mischreligionen, beiden verwandelten diese Faszination in Kunst und erweiterten dabei die Wissenschaft um eine wesentliche Kategorie: Die Poesie. Der Dokumentarfilm von Alberto Venzago ist ein aktuelles Beispiel für das Arbeiten an den Grenzen zwischen Kunst und Dokumentation. Er ist das Ergebnis einer beinahe 10 Jahre langen Recherche über Voodoo in Benin.

(3)

Samstag, 20. Mai, 20 Uhr
Galerie Flor, Klosterstr.29, Düsseldorf
Theo Janßen, Jan-Frederik Bandel: Palette revisited

Der Film "Palette revisited" erzählt vom Leben der Gammler in den 50er/60er Jahren in Hamburg am Beispiel der berüchtigten Kneipe. In der Hafenstadt ohne Sperrstunde gedieh diese Subkultur authentischer als sonst irgendwo in der BRD - genau genommen vor allem in der Palette, die Hubert Fichte 1961 entdeckt hatte. Diesem engsten und heißesten Treffpunkt für bohème-neugierige Oberschüler, Ausreißer, Halbkriminelle und Halbkünstler, für Hafenarbeiter und Seeleute hat Fichte in seinem gleichnamigen Roman 1968 ein Denkmal gesetzt. Gemeinsam mit Theo Janssen hat der Literaturwissenschaftler Jan-F. Bandel an dem Film und einem gleichnamigen Buch gearbeitet. Er präsentiert Film und Buch und verlebendigt Erinnerungen an die erste Nachkriegsgegenkultur.

(4)

Sonntag, 21. Mai, 20 Uhr
Salon des Amateurs, Grabbeplatz 4, Düsseldorf
Anne Schülke: Wohlwollendes Gerede über Hubert Fichte

"Klatsch. Klatsch ist ganz sicher nicht die Wahrheit. Klatsch ist auch keine Lüge. Kein Psychologe kann leugnen: Klatsch ist ein Diskurs. Klatsch ist wahr und falsch - Klatsch ist eine subjektive Wahrheit.", schreibt Hubert Fichte. Eine seiner Arbeitstechniken war das Interview. Davon inspiriert hat Anne Schülke ausgehend von Gesprächen mit Menschen, die sich heute mit Hubert Fichte beschäftigen (Peter Braun, Schorsch Kamerun, Jan F. Bandel, Hans Georg Pott) einen Text entwickelt. In einer Installation spricht sie für und über den toten Dichter.

Eintritt jeweils 4 Euro

Die Veranstaltungsreihe wird gefördert durch das Kulturamt der Stadt Düsseldorf.



APRIL


24. April 2006, 19 Uhr

Nachtasyl im Thalia Theater, Alstertor 1, 20095 Hamburg
Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman
Jan-Frederik Bandel, Thomas Meinecke, Lasse Ole Hempel

Mit seinem Roman "Die Palette“ hat Hubert Fichte der Kellerkneipe in der Hamburger Neustadt 1968 ein Denkmal gesetzt, in der sich "Gammler“, die Aussteiger und Bohemiens des deutschen Nachkriegs-Wirtschaftswunderlandes, versammelten. Ein Buch und ein Film machen sich auf die Spurensuche.
Jan-Frederik Bandel, Thomas Meinecke und Lasse Ole Hempel lesen aus "Palette revisited" und aus Fichtes Roman. Im Anschluss wird der Dokumentarfilm "Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman" von Theo Janßen gezeigt.
Eine Veranstaltung im Rahmen der "Vattenfall Lesetage". Plätze können via
www.vattenfall.de/lesetage/ reserviert werden! 

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3. April 2006, 20 Uhr

Literaturhaus Köln
Eine Reise durch die "Geschichte der Empfindlichkeit"
Nach 20 Jahren vollständig veröffentlicht: Hubert Fichtes einzigartiges Romanprojekt

In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Hubert Fichte an einem nur wenigen Freunden in Auszügen bekannten Projekt: der auf 19 Bände angelegten "Geschichte der Empfindlichkeit". Mit dem im März 2006 erschienenen Band "Die zweite Schuld" ist das in der Nachkriegsliteratur einzigartige Großprojekt, das aus Interviews, Romanen und ethnografischen Aufzeichnungen besteht, nun vollständig veröffentlicht. Der Konstanzer Literaturwissenschaftler Peter Braun stellt das monumentale Werk vor. Illustriert wird diese Reise durch Fichtes Werk durch den von Fichte aufgenommenen Fotofilm "Der Fischmarkt und die Fische", sowie von Originalaufnahmen, in denen der Autor Auszüge aus der Geschichte der Empfindlichkeit liest. Diese Aufnahmen werden von Klaus Sander vom Kölner Audiolabel supposé vorgestellt und kommentiert.


MÄRZ


29. März 2006, 19 Uhr
Hamburg, Klosterschule
Neckermann statt Robespierre.
Ein Streifzug durch Hubert Fichtes Tourismusroman "Die Geschichte der Empfindlichkeit"

Jan-Frederik Bandel, Mario Fuhse, Nina Petri und die Percussiongruppe von Tuten und Blasen lesen und trommeln zu Ehren Hubert Fichtes.

[Fotos]


21. März 2006, 20 Uhr

Literarisches Colloquium Berlin
Die zweite Schuld - Hubert Fichte zu Ehren
Es lesen und sprechen über Hubert Fichtes Leben und Werk Hans Arnfrid Astel, Joachim Helfer und Gerd Schäfer. Moderation: Peter Braun

Hubert Fichte, der 1986 im Alter von nur 50 Jahren starb, hat ein großes und vielschichtiges Werk hinterlassen. Fichtes Weltreisen haben seine literarischen, journalistischen und ethnologischen Arbeiten ebenso geprägt wie seine Ausflüge in fremde Gegenden des eigenen Landes, für die die Hamburger Kellerkneipe "Palette" ein besonders berühmtes Beispiel ist. In den sechziger Jahren war Fichte Stipendiat des LCB und nahm an der Werkstatt "Prosaschreiben" teil. Im Frühjahr 2006 erscheint als letzter Band der "Geschichte der Empfindlichkeit" das Buch "Die zweite Schuld", ein Porträt des damals gerade gegründeten LCB, das sich auch als subtiles Psychogramm des entstehenden deutschen Literaturbetriebs lesen läßt. Über ihre Begegnungen mit Hubert Fichte und seinem Werk sprechen Hans Arnfrid Astel, ein Freund und Weggefährte Fichtes, der Berliner Autor Joachim Helfer und Gerd Schäfer, Literaturwissenschaftler, Journalist und Fichte-Kenner. Den Abend moderiert Peter Braun, dessen "Reise durch das Werk von Hubert Fichte" 2005 im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen ist.


9. März 2006, 20 Uhr
LiteraturWERKstatt Berlin, Knaackstraße 97, 10435 Berlin
Die Oberfläche genügt mir – Vor 20 Jahren starb Hubert Fichte
In Lesung und Gespräch: Jan-Frederik Bandel (Buchholz), Thomas Meinecke (Eurasburg-Berg), Kathrin Röggla (Berlin), Moderation: Ina Hartwig (Frankfurt/Main)

Hubert Fichte war eine der schillerndsten Figuren im westdeutschen Kulturbetrieb der 60er und 70er Jahre. Enfant terrible und Provokateur, Reisender, bekennender Bisexueller, Autor, Ethnologe, Dokumentarist der Hamburger Subkultur, Ethnopoet, Vater der Popliteratur, Gesprächpartner der Ausgegrenzten, der Huren und Stricher, Meister der Selbstinszenierung: In vielen Nischen hat er Platz gefunden, und aus ebenso vielen ist er herausgetreten. Oder: Es gab viele Fichtes.
Drei Autoren stellen 20 Jahre nach seinem Tod Hubert Fichte und sein so umfängliches wie disparates Werk vor: Kathrin Röggla den akustischen Fichte, Thomas Meinecke den Popliteraten jenseits der gängigen Topoi, und Jan-Frederik Bandel wagt den biografischen Zugang.


8. März 2006, 20 Uhr
Brotfabrik, Caligariplatz, 13086 Berlin
Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman
Film- und Buchpräsentation mit Jan-Frederik Bandel und Lasse Ole Hempel

Am 8. März 1986 verstarb Hubert Fichte; er wurde nur 50 Jahre alt. Wir erinnern an den wegweisenden Hamburger Autor mit einer exklusiven Buch- und Filmpräsentation. Die  "Palette" am Gänsemarkt war in den Endfünfzigern eine "warme Hölle des Untergrunds" (Jan Feddersen, TAZ), ein wichtiger Treffpunkt der Boheme in der  restaurativen Nachkriegs-BRD, gleichzeitig Ausgangspunkt von Fichtes gleichnamigem Roman. Der Film erzählt die Geschichte der Kneipe und die des Romans, lässt ehemalige "Palettianer" (u.a. Harun Farocki) berichten über die Zeit der wilden 58er.
Vor dem Film lesen Jan-Frederik Bandel und Lasse Ole Hempel aus ihrem Buch "Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman" (Edition Nautilus 2005).

"Es gibt einen Versuch, die ganze Determination, die man durch Schule und Elternhaus bekommt, diese ganzen Werte und Währungsauflagen, zu negieren. Ich erinnere mich an den Satz eines Freundes, der sagte: Wir sind jetzt fünfzehn, wenn wir zehn Jahre lang nichts machen, haben wir immer noch genug Zeit, etwas zu tun. Das ist eigentlich die Hoffnung, auszulöschen, was es
an tradierten Auflagen gibt und bei der Stunde null wieder neu anzufangen." (Harun Farocki)


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[
Zum Film]


8. März 2006, 20 Uhr
Literarischer Salon Hannover, Königsworther Platz 1, Conti-Foyer
Hubert Fichte Revisited - Zum zwanzigsten Todestag des Schriftstellers
Kathrin Röggla, Thomas Meinecke, Klaus Sander

Am heutigen Tag genau vor 20 Jahren starb der Hamburger Schriftsteller und große Fernreisende Hubert Fichte im Eppendorfer Krankenhaus. Bis heute ist sein umfangreiches Werk nur wenigen Lesern bekannt. Von den Feuilletons wird er gern zum schwulen Underground-Poeten, Ethnopoeten oder Vater der Pop-Literatur stilisiert. Ihn einzuordnen fällt schwer, denn er war auch ein Meister der Selbstinszenierung.   »…denn es gibt den st.pauli-fichte, den waisenhausfichte, den starclub-fichte, den kinderschauspieler-fichte, den synkretismus-fichte – ethno-fichte? – den synkretismus-fichte! den palettenfichte, den gesprächsfichte, den hans-henny-jahn- und daniel-caspar-von-lohenstein-fichte, den reportage-fichte …«. So Kathrin Röggla in ihrem Radio-Feature ein anmaßungskatalog für herrn fichte. Sie wird uns den akustischen Fichte vorstellen. Davor wird Thomas Meinecke, dessen Roman Hellblau am Grab von Hubert Fichte endet, den Autor im Original lesen. Der erste Teil des Abends wird dann von Klaus Sander, Chef des Diskurs-Hörbuchlabels supposé, beendet. Er wird mit zwei CD-Playern akustische Annotationen zu Hubert Fichtes Studien der afroamerikanischen Religion erstellen. Sein Hörstück umfasst Beispiele traditioneller synkretistischer Musik und Feldaufnahmen von Ritualen und Zeremonien (Shango, Candomblé, Voodoo etc.). Dabei wird auch Fichtes Stimme selbst zu hören sein. Moderation: Matthias Nolte.


7. März 2006, 20 Uhr
Literaturhaus Stuttgart
Hubert Fichte - Die zweite Schuld
Fritz J. Raddatz im Gespräch mit Tilman Krause
   
Der Autor und Publizist Fritz J. Raddatz spricht mit Tilman Krause, dem Literaturchef der Tageszeitung Die Welt, über Hubert Fichte. Ausgangspunkt des Abends ist - zwanzig Jahre nach Hubert Fichtes Tod - das Erscheinen von Die Zweite Schuld. Glossen. Mit einer Mischung aus Tagebuchskizzen und Interviews erstellt Fichte ein Porträt des 1963 gerade gegründeten >Literarischen Colloquiums Berlin<, in dem arrivierte Schriftsteller mit jungen Autoren zum Werkstattgespräch zusammenkamen. Aber nicht die Institutsgeschichte steht für Fichte im Vordergrund, sondern die Menschen, die diese Institution mit Leben füllen. Durch seine Schilderungen der Machtverhältnisse, der menschlichen Verstrickungen und intimen Wünsche wirft er einen Blick hinter die Fassade der Literaturgeschichte und bahnt sich Wege zu seiner eigenen Identität als Schriftsteller. Die zweite Schuld ist der letzte Band aus der seit 1987 erschienenen Geschichte der Empfindlichkeit. Zu Fichtes wichtigsten Werken zählen weiterhin die Romane Das Waisenhaus (1965), Die Palette (1968) und Versuch über die Pubertät (1974) sowie die Reiseberichte Xango (1976) und Petersilie (1980). Von Fritz J. Raddatz erschien 2003 das Buch Unruhestifter, persönliche Erinnerungen, die auch der Freundschaft mit Hubert Fichte viel Raum geben.
In Zusammenarbeit mit dem S. Fischer Verlag



5. März 2006, 19 Uhr
Pferdestall Bremerhaven
Schafhirte, Kneipengast, reisender Romancier
Hubert Fichte revisited - zum 20. Todestag
Mit Jan-Frederik Bandel und Ralf Schünemann


Sein Roman "Die Palette" wurde zum Kultbuch einer ganzen Generation. Dem heißen Hamburger Treffpunkt für boheme-neugierige Oberschüler, Ausreißer, Halbkriminelle und Halbkünstler, für Hafenarbeiter und Seeleute hat er 1968 ein bis heute unvergessenes Denkmal gesetzt. Hubert Fichte war Reporter, Interviewer, Romancier und artistischer Wörterjongleur. Seine Reisen führten nicht nur in die städtische Subkultur mit ihren gefährlich verführerischen Nachtseiten, sein einzigartiges Werk ergibt ein Panorama der Nachkriegs- und Zeitgeschichte, das von Fluchten und Bombenkrieg, vom Drama der Vaterlosigkeit und der Trümmerzeit bis zu Aufbrüchen in die Dritte Welt reicht. Von den frühen Erzählungen bis zu dem unvollendeten Zyklus "Geschichte der Empfindlichkeit" liegt hier der Versuch einer Grenzüberschreitung vor, wie sie kein anderer deutscher Schriftsteller so entschlossen und methodisch gewagt hat.
Sein Blick für das Außenseitertum führte Hubert Fichte von der Verteidigung seiner Homosexualität gegen die Prüderie und Häme der 50-er Jahre ("Versuch über die Pubertät") zur Erforschung von Stammesriten, Naturreligionen und Zauberpsychiatrie in Afrika und Lateinamerika. Mit seiner Reisegefährtin, der Fotografin Leonore Mau, hat er Magie und Geheimwissen synkretistischer Religionen von Brasilien bis Miami in Text und Bild festgehalten ("Xango"). Die Hamburger Deichtorhallen hatten dem Leben und Werk des Künstlerpaars gerade eine große Ausstellung gewidmet.
Hubert Fichte ist am 8. März 1986 im Alter von 50 Jahren gestorben. Anlässlich seines 20. Todestags stellt der Hamburger Fichte-Forscher Jan-Frederik Bandel ("PALETTE revisited - eine Kneipe und ein Roman") den Autor und sein Werk vor, im zweiten Teil des Abends liest Ralf Schünemann, Diplomsprechwissenschaftler aus Halle und schon mehrfach Gast im PFERDESTALL, Hubert Fichtes frühe Erzählung von 1963: "Der Aufbruch nach Turku", in der er auf seine Wandererfahrungen in Schweden zurückgreift, und in der alle seine Themen und Figuren schon aufscheinen: Die Einsamen, die Verwundbaren, die Schwachen, die Randexistenzen.



JANUAR 2006


25. Januar 2006, 20.30 Uhr
Kaffee Burger, Torstraße 60, 10119 Berlin
Radio Hochsee Themenabend Sex and Underground in Hamburg. Hubert Fichte und die Palette
Falko Hennig und der Gast-Experte Jan-Frederik Bandel


In der legendären Gesprächsreihe "Radio Hochsee" im Kaffee Burger trifft Falko Hennig diesmal den Gast-Experten Jan-Frederik Bandel, um mit ihm über Sex und Underground im Hamburg der sechziger Jahre zu sprechen, über den Schriftsteller Hubert Fichte, die Kneipe Palette, den Kiez, Wolli Indienfahrer und das Buch "Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman" (Edition Nautilus 2005) zu plaudern. Mit an Bord: Doc Schoko.


Falko Hennig, 1969 in Ostberlin geboren, ist Schriftsteller, Journalist und Vorsitzender der Charles-Bukowski-Gesellschaft. Außerdem arbeitet er als Moderator beim legendären Radio Hochsee.

Jan-Frederik Bandel, geboren 1977, Literaturwissenschaftler und Publizist, arbeitet an einer Dissertation zu Hubert Fichte, über den er bisher drei Bücher veröffentlicht hat.



20. Januar 2006, 20 Uhr
Elektra Bar, Gereonswall 12-14, 50668 Köln
Palette, Parks, Palais d'Amour. Ein Hubert-Fichte-Subkultur-Abend
Mit Jan-Frederik Bandel, Mario Fuhse und Frank Schablewski


Die Palette: eine Kellerkneipe im Hamburg der späten Fünfziger, frühen Sechziger, in der Dropouts, Schulschwänzer, Ausreißerinnen und Hafenarbeiter, Halbkriminelle und Halbkünstler beisammen saßen, vor allem aber "negative Jugendliche", wie es die zuständigen Behörden nannten, die das Lokal unter die "eindeutig jugendgefährdenden Orte" rechneten. Parks: Orte einer schwulen Subkultur vor der Reform des 175er Paragraphen, der "Unzucht unter Männern" unter Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe stellte, Orte der Initiation, Faszination und der Furcht vor Erpressung, Verrat und Langeweile. Das Palais d'Amour: ein Bordell in Hamburgs "red light district" St. Pauli, in dem der indienfahrende Privatgelehrte, Ex-NVA-Offiziersanwärter und Exilsachse Wolli seine Puffetage betrieb, Schriftsteller, Künstler, Kiezgrößen und Gestalten wie den "Boxprinzen" Norbert Grupe alias Wilhelm von Homburg empfing und von Gewinnbeteiligung "nach dem Modell von Zeiss, Jena", träumte.
Diese Orte sind die Zentren der Subkultur und der Bohème, die der Hamburger Schriftsteller Hubert Fichte (1935-1986) in Büchern wie "Die Palette", "Detlevs Imitationen ‚Grünspan'", "Versuch über die Pubertät" und "Wolli Indienfahrer" beschrieben und - in aller Ambivalenz - gefeiert hat. Sie waren für ihn Ausdruck des "Zwischen-allen-Stühlen-Sitzens", des "Sich-nicht-Zurechtfindens", des "Ständig-in-Frage-Stellens: nicht den Ödipus-Komplex hinnehmen und nicht die Industrialisierung."
Hubert Fichte, Popautor, Ethnograph, schwuler Großschriftsteller und was der Labels mehr sind, scheint zur Zeit ein Comeback zu erleben: Mit einer Lektürezeremonie, die dialogische Lesung, Kommentar, Dokumente und O-Töne verbindet, widmen sich der Fichte-Forscher Jan-Frederik Bandel, der mit zwei Koautoren gerade das Buch "Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman" (Edition Nautilus) veröffentlicht hat, der Künstler Mario Fuhse und der Schriftsteller Frank Schablewski dem Werk und Leben Hubert Fichtes, dem sie ein Comeback nachdrücklich wünschen - aber bitte nicht nur in Schulbüchern und bei gepflegtem Schnittchenverdrücken. Und sie lassen Szenen aus Subkulturen sichtbar werden, in denen - wie Martin Büsser in seiner Rezension schreibt - nicht über Bausparverträge geplaudert wurde.


Jan-Frederik Bandel, geboren 1977, Literaturwissenschaftler und Publizist, arbeitet an einer Dissertation zu Hubert Fichte, über den er bisher drei Bücher veröffentlicht hat. Er lebt bei Hamburg.

Mario Fuhse, geboren 1967, Studienrat, Maler, Autor, hat sich intensiv mit Hubert Fichtes Werk und Biografie beschäftigt. Er lebt in Hamburg.

Frank Schablewski, geboren 1965, Schriftsteller, hat neben seinen Buchveröffentlichungen als Dichter und Performer mit Tänzern und Choreographen gearbeitet. Er lebt in Düsseldorf.


Anschließend legen Olaf Karnik und Ekkehard Ehlers auf.


17. Januar 2006, 20.30 Uhr
Festsaal Kreuzberg, Skalitzerstraße 130, 10999 Berlin
Palette, Parks, Palais d'Amour. Ein Hubert-Fichte-Subkultur-Abend
Mit Jan-Frederik Bandel, Mario Fuhse und Tobias Rapp


Der Verbrecher Verlag präsentiert: Eine Verbrecherversammlung zu Hubert Fichte
Jan-Frederik Bandel, Fichte-Forscher und einer der Autoren des Buchs "Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman" (Edition Nautilus 2005), Mario Fuhse, Fichte-Experte, Studienrat, Künstler, und der "taz"-Redakteur Tobias Rapp präsentieren ein Livefeature mit dialogischen Lesungen, Kommentaren, O-Tönen und Musik. Im Mittelpunkt: Der Hamburger Schriftsteller Hubert Fichte, die Bohèmekellerpinte Palette, die schwule Szene und der Hamburger "red light district" St. Pauli.




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